Videojournalismus mit dem Egerländer
(Medienseminar mit dem Goethe-Institut und dem Bayerischen Rundfunk)
Richard Šulko
Das „Goethe-Institut“ lud gemeinsam mit dem „Bayerischen Rundfunk“ nach dem erfolgreichen Bildungsseminar Rundfunkarbeit im Mai 2023 wieder zu einem Seminar nach München ein. Diesmal stand das Thema Videojournalismus auf der Tagesordnung. Geführt wurde dieses, für die Journalisten aus den Minderheiten in Mittel- und Osteuropäischen wichtige Seminar, vom erfahrenen Team: Elke Dillmann und Stefan Brainbauer. Die Elke kannten wir schon aus dem letzten Jahr und wussten, dass wir auch diesmal sehr viel und vor allem praxistauglich lernen werden. Es wurde eine sehr anspruchsvolle, aber für unsere Arbeit wichtige Woche, die wir in der bayerischen Landeshauptstadt erlebten.
Nach der Ankunft der Seminarteilnehmer aus Serbien, Polen, Rumänien, Böhmen, Ungarn, Ukraine und Lettland folgte das gemeinsame Abendessen beim Griechen. Montag früh startete das Seminar im Hauptgebäude des Bayerischen Rundfunks am Rundfunkplatz. Abteilungsleiter Klemens Finzer erwähnte in seiner Begrüßung das Hauptthema vom BR: „Wir fördern die Demokratie.“ Diesen Grundsatz erwähnte auch Elke Dillmann in ihrer Einleitung. Elke stellte dann das Programm vor. Der erste Tag wurde der Übung gewidmet. Stefan Brainbauer erklärte zuerst die Bildgestaltung: Hauptmotiv in der Mitte, langweilige große Flächen um die Person etc. vermeiden. Bilder müssen spannend sein! Bei Personen Augenhöhe einnehmen. Querformat oder Hochkant: für welches Medium sind die Aufnahmen gedacht? Immer berücksichtigen! Auch die Benutzung von Handys als Kamera wurde besprochen. O-Ton= Originalton: etwas Persönliches fragen. Der Filmanfang soll Aufmerksamkeit wecken. Schwenks und Zooms vermeiden! Stativ nicht benutzen, nur wenn man alleine unterwegs ist. Licht im Rücken benutzten. Einzelne Aufnahmen machen und dann die Reihenfolge im Schnitt festlegen. Detailaufnahmen, Großaufnahmen, Totalaufnahme. Zwischenschnitt benutzen (z. B. Einlegen: Bild von dem Zuschauer, von einer Pflanze). Für die Kommentare kann man auch Bilder (Filme) benutzen.
Kampenwandbahn.
Am Dienstag ging es in die Berge: in einzelnen Teams mit zwei bis drei Personen wurden verschiedene Reportagen vorbereitet: Thema 1: Kampfwand, Thema 2: Bäuerin in dem Gebirge, Thema 3: Prien: Chiemsee Raddampfer, Thema 4: Herren- Insel: Schloss vom Ludwig II., und Thema 5: Fraueninsel: Frauenkloster. Mit der Erfahrung vom Vorjahr, als die ganze Gruppe am Schliersee im starken Regen ganz nass arbeiten musste und auch heuer es wieder regnete, als die Gruppe in zwei Kleinbussen München verließen, ging es besorgt Richtung Südost. Aber schon an der Talstation hörte der Regen auf und als die Gruppe die Bergstation erreichte, fing die Sonne an zu scheinen. Und das blieb so den ganzen Tag! Für das erste Erlebnis, gleich nach der Fahrt nach oben, sorgte die Bäuerin Marianne Hamberger aus Aschau, derer Lieblingsblume das Mausohr ist. Auch die Erklärungen am Ameisenhaufen waren für viele neu: in dieser Gemeinschaft arbeiten alle zusammen und es sind bis zwei Millionen in einem solchen Haufen. Die Ameisen „melken“ z. B. die Blattläuse und die Ameisenkönigin lebt bis zu zwanzig Jahren. Auf der Alm kann man nur Jungvieh sehen, welches das Gras auf riesigen Flächen, manchmal an steilen Hängen frisst. Damit können die Flächen nicht mit Bäumen zuwachsen.
Auf Schiff…
Wieder im Tal angekommen, führte der Weg zum Chiemsee, dem „Bayerischen Meer.“ Das Team „Richi + Heidi“ (Richard Šulko aus Böhmen + Heidi Vagyi aus Ungarn) machte sich bereit: Auf dem Raddampfer Ludwig Fessler stellte sich der Kapitän Andreas Lenzner für ein Gespräch auf der Kapitänsbrücke zur Verfügung. Richard Šulko bediente die Kamera, Heidi Vagyi führte das Gespräch. Dieses Schiff ist im Jahre 1926 gebaut worden. Doch die Chiemseeschifffahrt ist aber schon viel älter. Das Aufzeichnungsbuch der Abtei Frauenwörth berichtet von der ersten Probefahrt am 5. Mai 1845. Doch richtig Geld verdient hat die Chiemseeschifffahrt erst, als König Ludwig der Zweite begann, auf der Herreninsel sein Traumschloss zu bauen. Beim Transport der Unmengen von Baumaterial musste auch das Feßler`sche Dampfschiff viele Lasten über den See schleppen. Als nach dem Tod Ludwigs II. im Jahre 1886 das Schloss zur Besichtigung freigegeben wurde, wollte die Kette der Besucher nicht mehr enden. In dem Interview sagte der Kapitän: „Es ist schon etwas Besonderes, Kapitän auf so einem Schiff zu sein.“ Idyllisch gelegen im Chiemsee ist das Benediktinerinnenkloster Frauenwörth, ein wahres Kleinod. Und dort machte sich das Böhmisch-ungarische Team wieder an die Arbeit. Nur die Rollen drehten sich: Richard Šulko führte das Gespräch und Heidi Vagyi führte die Kamera.
Schwester Magdalena aus Karlsbad…
Schon bei dem Einführungsgespräch stellte sich heraus, dass die Schwester Magdalena in Karlsbad geboren wurde und mit ihren Eltern nach dem Krieg vertrieben wurde. „Meine Eltern mussten vier Mal ihre Existenz gründen,“ so am Anfang Schwester Magdalena. Im weiteren Gesprächsverlauf konnte man hören, wie schwierig es das Kloster seit 772, als es vom Bayernherzog Tassilo III. (746-788) gegründet wurde, hatte. Nach dem Abendessen auf der Insel ging es wieder ins Hotel, um sich richtig auszuruhen, denn am nächsten Tag erwartete die Seminarteilnehmer ein harter Job: das Schneiden! Am Mittwochnachmittag führte Elke Diekmann die Gruppe zu Fuß vom Rundfunkhaus bis zum Goetheinstitut, wo und schon Marianne Klein und Rudolf de Baey erwarteten. Nach dem Mittagessen in diesem großräumigen Gebäude erfuhr die Gruppe noch etwas zum Goethe Institut selbst und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten dann noch einen Privatspaziergang durch die Stadt erleben. Donnerstagvormittag wurde wieder dem Schnitt gewidmet und am Nachmittag folgte ein hoch interessanter Ausflug: nach Freimann zum Bayerischen Fernsehen! Frau Fleischmann mit dem Kameramann Gerald Schäfer führten dann die Gruppe durch die einzelnen Abteilungen und Fernsehstudios. Auch die Regie konnte man besuchen, wo sich die Besuche nur schwierig in den vielen Monitoren auskennen. Wenn man z. B. die Sendung „Wir in Bayern“ kennt und man ist auf einmal dort, wo sie entsteht, ist es doch hoch interessant. Auch im voll automatisierten Nachrichtenstudio hinter dem Reporterpult zu stehen, das kann man auch nicht jeden Tag erleben. Frau Fleischmann antwortete auch auf die Fragen der Seminarteilnehmer. Es wird vor allem nach dem Pressekodex gearbeitet: minimal Vieraugenprinzip und Kontrolle der Informationen aus zwei Quellen. Auch ein „Faktencheck“ im BR24 Digital wird eingesetzt. Die Prioritäten im BR sind: Bayern, Deutschland, Welt. Auch politisch exponierte Personen dürfen nicht in dieser öffentlich-rechtlichen Einrichtung arbeiten und sog. „Haltungsjournalismus“ hat hier nichts zu suchen. Wichtig in der Arbeit der Journalisten ist das sog. „Ethos.“ Z. B. das Studio Teheran verließen als letzte Journalisten das Land, weil es dabei um ihr Leben ging.
Phallus in der Muschel…
Donnerstagabend besuchten die Teilnehmer im „Haus der Kunst“ die Ausstellung „kinetische Kunst von Rebecca Horn.“ Durch die Ausstellung führte auf eine sehr lebendige Art Frau G. Schmid, die das Werk Horns sehr gut kannte. Schon das erste Ausstellungsexemplar „Kuss des Rhinozeros“ zeigte, dass es eine Führung voller Orgasmen und nicht erfüllten Sexualbedürfnissen sein wird. Aber auch die herrschende Rolle des Mannes gegenüber einer Frau stellt Horn sehr oft in ihren Werken dar. Z. B. das Werk „Balletttänzerin“ zeigt, wie die Beine einer Tänzerin in ihrer Bewegung beschränkt sind, weil sie an die Regie, meistens von Männern geschaffen, gebunden ist. Auch das Thema Gewalt oder des Krieges tauchte im Werk „Turm der Namenlosen (1994)“ auf, welches die Balkankriege darstellt. Das Thema Befriedigung und Sex stellte auf eine sehr naturalistische Art das Werk „Muschelschlaf (2009)“ dar. Die Emotionen aus dieser Ausstellung wurden dann mit Bier im Englischen Garten abgekühlt. Freitagvormittag folgte dann das Finale: letzter Schnitt und Ergänzungen der Reportagen und dann, nach einer Woche harter Arbeit folgten dann die Filmpräsentationen: „Herrenchiemsee“ von den Reporterinnen Milica Stankic aus Serbien und Viktoria Ernst aus Polen, „Chiemsee mit Richi und Heidi“ und „Schwester Magdalena“ von Richard Šulko und Adelheid Vagyi, „Kampenwandseilbahn“ von Vitaliia Kabatsii, Kateryna Aksaniuk und Svitlana Novobranets aus der Ukraine, und „Kräuterfrau“ von Daniel Deksnis aus Lettland und Laura Capatana Juller aus Rumänien. Nach den Präsentationen folgte die Aushändigung der Zertifikate. Großer Dank an alle, die dieses Seminar möglich gemacht haben!