Engel des Herrn in der Schlosskapelle
(Ostern in Netschetin: 28. 3. - 1. 4. 2024)
Måla Richard Šulko
Das größte Fest der Christen ist im Egerland, wie auch in anderen Teilen des Landes, mit vielen Bräuchen verbunden. Auch der Besuch der Gottesdienste gehört zu einem Christen, weil das Fest der Auferstehung Christi das größte Fest im Jahresverlauf ist. Auch die Egerländer aus Plachtin b. Netschetin konnten noch im Jahre 2024 einiges aus ihrem Brauchtum erhalten und praktizieren.
Gründonnerstag gehörte dem Gottesdienst, bei welchem der Priester in Manetin an das letzte Abendmahl Jesu erinnerte und einigen die Füße wusch. Meine Frau fuhr gemeinsam mit meiner Mama und mit noch einer Frau nach Manetin. Der Karfreitag gehört schon mehrere Jahre, nachdem er auch in Tschechien ein Feiertag ist, den „Ratschnboum.“ Früher sind sie immer am Karsamstag losmarschiert, weil der Karfreitag kein Feiertag war, jetzt ist es doch viel besser. Im Jahre 2024 war die Gruppe mit den „Lärminstrumenten“ groß: acht „Ratschnboum – und -Moidla.“ Gestartet wurde, wie die letzten Jahre auch, in Netschetin, bei „Potinas.“ Immer nach dem Spruch, der sich bis heute im Original erhielt, bekamen die Wanderer Geld, Eier und Süßigkeiten. So war das auch beim zweiten Haushalt. Der dritte Besuch folgte im Gasthaus „Am Rathaus“ in Netschetin. Die Kinder bekamen Süßigkeiten und die Erwachsenen ein „Stamperl,“ wie gewohnt mit einem guten Rum, welchen der Wirt Jakob Haidlmeier für Festanlässe immer bereitstellt.
Wenn die Enkelkinder denunzieren….
Seit mehreren Jahren bekamen die kleinen Kinder von der Mama und der Oma die Aufgabe, sich zu merken, was und wieviel die Boum „Stamperl“ beim „Ratschngehen“ getrunken haben. Im Jahre 2024 hatten es die Kristýna und Annerl auf ein ganz anderes Niveau gebracht: Kristýna mit einem DIN-A4 Blatt Papier, wo alle Namen der Ratschboum darauf waren und die Annerl mit ihrem iPhone auch mit einer Liste: die eine trug mit Freude ihre Strichle aufs Papier und die andere in ihr Handy ein. Der nächste Weg führte noch ins Netschetiner Museum und dann entschied die Gruppe den oberen Weg über die Kapelle „im Zoo“ zu nehmen. Dort folgte auch der erste „Engel des Herrn.“ Danach führte der Weg zum „Grünen Kreuz,“ wo nicht nur wieder gebetet wurde, sondern auch die erste Pause mit Erfrischung folgte. Obzwar es ein schönes Wetter gab, entschied man nicht auf die Burgruine Preitenstein zu klettern, weil nach der Wettervorhersage in einer Stunde Regen angesagt wurde. „Wir nehmen den Weg über den Schlosspark, weil er kürzer ist,“ entschied Richard Šulko. Ein kurzer Blick in die Rezeption ergab, dass die Bar erst ab dem 1. April geöffnet wird. Richard Šulko begrüßte noch am Sportplatz die Leitung der „Sojka“ und „Mit Ohne Grenzen e.V.,“ die am Schloss Preitenstein ihre österliche Begegnung „OLA 2024“ organisierten.
Zum ersten Mal in der Schlosskapelle….
Als wir zu der Tür am Schlossturm kamen, stellte man fest, dass sie offen war. Zum ersten Mal beteten also die Ratschnboum den „Engel des Herrn“ in dieser Schlosskapelle, wo 1981 ich mit meiner Frau standesamtlich die Ehe geschlossen hatten. Der nächste Aufenthalt gehörte dem „Tante-Emma-Laden“ am Preitenstein: die Kinder bekamen ein Eis und die Erwachsenen gezapftes Bier. Weil sich der Himmel zuzog, wurde der schnellste Weg über die Straße gewählt und kein Gebet mehr gesprochen. Bei der „Målawawa“ am Plachtin Nr. 14 wurden wieder „Stamperl“ ausgeschenkt und Bier gereicht. Dann fing es an zu tropfen und deswegen flohen die „Ratschnboum“ zu Målas II, dem „Häusel am Waldesrand,“ wo an der Mariensäule noch der letzte „Engel des Herrn“ gebetet wurde und wo schon aufgetischt wurde: Gemüsesuppe und „Quarkplatzkan“ mit einer kalten „Himbeersoße;“ es war ja der Fastenfreitag!
Brauchtum und Kirche….
Am Karsamstag wurde für den Ostersonntag und den Ostermontag feierlich gekocht: böhmischer Sauerbraten mit hausgemachten Semmelkniadlan! Sohn Vojtěch, als Hobbykoch, bereitete sehr sorgsam das Grünzeug zum Einlegen vom Rindfleisch vor und mit einigen Besuchen war der Tag schnell vorbei. Nicht aber für mich und für meine Frau! Ab 21 Uhr startete der Vigildienst in der Kreuzerhöhungskirche in Böhmisch-Neustadtl (Dolní Bělá). Dort waren wir noch nie und als wir zwischen Plass und eben Böhmisch-Neustadtl wählen sollten, war die Entscheidung klar. Wir erlebten eine sehr schöne Gemeinschaft. Der Hauptzelebrant war P. Petr Dombek, OMI, an seiner Seite standen P. Janith Aravinda Fernando, OMI aus Sri Lanka und P. Andry Mamy Herinirina, OMI aus Madagaskar. Ins Bett ging es dann um halb zwei. Ostersonntag: am Vormittag wird etwas aus dem Vereinskram erledigt und Osterruten für den Ostermontag geflochten. Diesmal bereitete ich für mich eine zwei Meter lange, damit mir die Moidla nicht beim Auspeitschen weglaufen können, weil ich doch schon ein wenig langsamer bin. Nach dem Festessen ging es zum Hochamt in die St. Jakobus-Kirche nach Netschetin. Hauptzelebrant war P. Günther Ecklbauer, OMI, an seiner Seite stand wieder P. Mamy. Die Rauchwolke aus Weihrauch besorgte der Egerländer Måla Richard. Nach dem Gottesdienst kamen dann die zwei Oblaten noch zum Kaffeetrinken am Plachtin und der Tagesausklang war schön. Zum gelungenen Tag gehörte auch eine Musikeinlage, die sich mein Sohn wünschte: die Rockgruppe Boston mit ihrer ersten LP und Uriah Heep mit dem Album „Demons and Wizards.“ Danach ging es ins Bett, weil uns der Ostermontag erwartete.
Wodka, Rum, Birne, Grüne….
Den Umgang mit der Osterrute übernahmen die „Målaboum.“ Der Start wurde für 9:30 Uhr gewählt. Ein bisschen zu spät, aber der Vojtěch Šulko musste noch seine Tochter nach Pilsen bringen und ich wollte noch den Zeitungsbericht für den vergangenen Tag vollenden. Gestartet wurde gegenüber unserem Haus, wo die Frau Pokorná aus Kladen (Kladno) schon ihren Aufenthalt am Wochenendhaus begann. Mit einem „Tuzemák“ (das ist der tschechische Rum-Ersatz) gestärkt ging es durchs ganze Dorf. Der letzte Halt wurde bei meiner Mama gemacht, wo uns schon ein Telefonat zum nach Hause gehen aufrief: „Die Suppe steht schon auf dem Tisch,“ so meine Frau Irene. Mit einer achtminütigen Verspätung kamen wir zum Tisch in unserer Stube, wo schon die ganze Familie war. Nach dem böhmischen Sauerbraten gab es Torten, die neben meiner Frau auch die Tochter und die Schwiegertochter mitbrachten. Nach der Kaffeerunde konnten die Pilsner Enkelkinder ihre Geschenke suchen, die der Osterhase versteckte. Eine Neuigkeit war die Platzierung der Geschenktasche auf der Fichte, so fünf Meter hoch auf einem Ast. Die Kristýna meisterte es bravourös und bald hatte sie die Tasche in ihren Händen. Danach verabschiedeten sich die Pilsner vom Plachtin und der Alltag trat wieder ein.