Europäische Integration aus der der nationalen Minderheiten in der Tschechischen Republik (Konferenz der Landesversammlung der deutschen Verbände am 15. Oktober 2021)
M.R.
Die größte Veranstaltung, welche die deutsche Minderheit in Tschechien alle zwei Jahre organisiert, ist die Konferenz im tschechischen Außenministerium. Dank der freundlichen Unterstützung des tschechischen Außenministers Jakub Kulhánek, MA, der gemeinsam mit dem Beauftragten der Deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Prof. Dr. Bernd Fabritius die Schirmherrschaft übernahm, konnten sich Vertreter der Deutschen aus Tschechien mit vielen Gästen aus Deutschland und Tschechien im Palais Czernin treffen, um aktuelle Themen zu behandeln.
Kurz nach zehn Uhr eröffnete der Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik e.V., Mgr. Martin Dzingel die Konferenz. In seinem Grußwort erwähnte er am Anfang kurz die Geschichte der deutschen Bevölkerung in Böhmen, Mähren und Schlesien und die große Bedeutung für das gemeinsame Land. Außenminister Kulhánek sprach in seinem Grußwort an, wie wichtig die Zusammenarbeit und die gemeinsame Geschichte sind. Dr. Fabritius überbrachte zuerst die Grüße der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Innenministers Horst Seehofers. Er erinnerte auch an die Uraufführung des Films „Die Legende kehrt zurück“, über den deutschen Fußballklub DFC Prag. Im weiteren Verlauf sprach er über die Rolle und Identität der Deutschen in Tschechien. Der neue prager deutsche Botschafter Andreas Künne erwähnte am Anfang die freundliche und sehr gute Zusammenarbeit mit dem tschechischen Außenministerium und der Landesversammlung der deutschen Verbände. „Vielschichtige Identität“ war einer der Begriffe, die der Botschafter erwähnte.
Praktische Beispiele der Integration nationaler Minderheiten
Die Einführungsreferate hielten doc. Dr. iur. Harald Christian Scheu, Mag. phil., Ph.D. aus der Juristischen Fakultät der Karlsuniversität und doc. Mgr. Lukáš Novotný, Dr. phil. - Philosophische Fakultät der Universität JEP in Aussig an der Elbe. Positiv beurteilte Scheu Tschechien, welches heute schon 14 Minderheiten in Tschechien anerkennt. Novotný sprach in seiner Einführung über die Verbindung der deutschen Minderheit mit den tschechischen Behörden und Vereinigungen und deren Professionalisierung ihrer Arbeit in den letzten Jahren. Novotný erwähnte auch das Projekt „Deutsche Friedhöfe“ und die Vorbereitung einer Software für die Erfassung der deutschen Gräber.
Europäische Integration seit 1989 in Bezug auf nationale Minderheiten
Im Panel I trugen vor: Prof. Dr. Bernd Fabritius – Beauftragter der Deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, PD Dr. phil. habil. Karin B. Schnebel – Gesellschaftswissenschaftliches Institut München, wissenschaftliche Leitung und Urban Beckmann, MA – Institut für Auslandsbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland (ifa), Leiter der Abteilung Dialoge. Die Moderation übernahm Steffen Neumann, Chefredakteur des „Landesechos.“ Assimilation war das Hauptthema in diesem Panel. Prof. Fabritius erwähnte aber seine Erfahrungen aus Rumänien: „Ich gehörte zu den durchschnittlichen Studenten in Rumänien und als ich in München landete, war ich in der Klasse an der Spitze. So gut war das deutsche Schulwesen in Rumänien.“ Weiter sagte Fabritius: „Nationalismen gefährden Europa. Wir brauchen eine positive Diskriminierung!“
Panel II: Europäische Integration und Partizipation aus Sicht der nationalen Minderheiten in Tschechien
Nach der Nachmittagspause nahmen an der Podiumsdiskussion teil: Prof. Jur. Dr. Helena Válková, CSc. – Beauftragte für Menschenrechte in der Tschechischen Republik, Justizministerin a.D. Günther Rautz, Ph.D. – Eurac Research, Leiter des Instituts für Minderheitenrecht, Ing. Richard Neugebauer, CSc. – Bohemia Troppau, Direktor Ing. Igor Zolotarev – Vertreter der russischen Minderheit in der Tschechischen Republik. Die Moderation übernahm Zuzana Schreiberová. Frau Válková erwähnte am Anfang die wichtige Rolle des Rates der Minderheiten bei der letzten Volkszählung. Neugebauer sagte am Anfang seiner Ansprache: „Eine Minderheit muss sichtbar sein!“ Herr Zolotarev erwähnte die Hilfe der Bürger der Tschechoslowakei in den 20er Jahren des 20 Jhd., welche den russischen Flüchtlingen gewährt wurde. Nach der Aussprache folgten noch Best Practice-Beispiele aus den Projekten zu den o.a. Themen und die Preisverleihung des Online Wettbewerbes.
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Egerländer tauften Buch in Prag
(Großveranstaltung der deutschen Verbände am 16. Oktober 2021)
M.R.
Die „Landesversammlung der deutschen Verbände in der Tschechischen Republik“ lud zu ihrer alljährlichen Großveranstaltung Mitte Oktober nach Prag ein. Nach einer einjährigen Pause, die durch Corona verursacht worden war, kamen ins Kulturzentrum Novodvorská wieder Kulturträger der deutschen Minderheit, und vor den hochrangigen Ehrengästen wurde die lebendige deutsche Kultur der Minderheit präsentiert. Aus allen Ecken des Landes kamen noch die Mitglieder und Freunde der deutschen Verbände dazu, die ein abwechslungsreiches Programm verfolgen konnten. Einen sehr seltenen Programmpunkt brachten die Egerländer vom „Bund der Deutschen in Böhmen“: Segnung eines Buches. Durchs Programm führten Ulrike Strigl und Michal Urban.
Den musikalischen Beginn der Veranstaltung machte das „Check Accordion Trio“. Drei Akkordeon-Spieler brachten den richtigen Schwung zum Anfang und luden mit ihrer Musik den Präsidenten der „Landesversammlung der deutschen Vereine“ Martin Dzingel aufs Podium ein, wo er die Ehrengäste begrüßte und die Veranstaltung eröffnete. Von den Ehrengästen kam an das Rednerpult als erste Frau Helena Válková (ANO), die Beauftragte der tschechischen Regierung für nationale Minderheiten und Menschenrechte. Auf Deutsch versicherte sie die Unterstützung der deutschen Minderheit in Tschechien, auch wenn die regierende ANO-Partei in die Opposition gehen sollte. Bernd Fabritius (CSU), Beauftragter der Deutschen Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten erwähnte, wie wichtig dieser Termin in Prag für ihn sei. Dasselbe bestätigte auch der neue deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne. Von den vertriebenen Sudetendeutschen kam eine etwa 30-köpfige Delegation angereist, an der Spitze Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann der Sudetendeutschen in Bayern. Mit ihm kam die neue Heimatpflegerin, Frau Christina Meinusch.
Kinder aus Hultschin und Egerländer aus Netschetin
Nach weiteren zwei Musikstücken, vorgetragen vom „Check Accordion Trio“ kamen die Kinder aus Hultschin im Hultschiner Ländchen aufs Podium. Beim Auftritt „Kinder wollen lustig sein“ brachten sie Tänze und Gesang mit. Danach kamen die „Målaboum“: Vater Måla Richard Šulko mit seinem Sohn Vojtěch, welcher ihn auf der Zither begleitete. Nach dem ersten Lied: „Es woar amål a Mülleri“ kam eine besondere Programm-Einlage: das Buch „Målaboum: daham!“ wurde durch Frau Meinusch und Herrn Václav Appl vom tschechischen Kulturministerium getauft. Nicht aber mit Sekt, wie üblich, sondern mit einem Bier, welches speziell für das Schloss Preitenstein gebraut wird. Im Schloss Preitenstein befindet sich das Büro des Vereines aus Plachtin bei Netschetin. Bernd Fabritius erwähnte dazu auf seinem Facebook-Profil: „Egerländer Liedgut zum Herz erwärmen…“ Nach dem zweiten Lied „Heint scheint da Mon(d sua schäi(n“ kam die Tanzgruppe des „Verbandes der Deutschen in den Regionen Reichenberg und Lausitz-Nordböhmen,“ welche eine Reihe von Tänzen vorführte.
Erzgebirge mit Egerland verbunden
Nach der Pause kam eine starke Kindergruppe aus der „Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung Prag“ aufs Podium. Mit Gesang und Spiel auf den verschiedensten Instrumenten erfreute sie die Zuschauer. Ein frischer Wind kam aus dem Erzgebirge. Der „Kulturverband“ entsandte das „Trio Dejavü“ nach Prag. Seine Sängerin Yvonne Deglau beherrschte mit großer Energie nicht nur das Podium, sondern auch den Raum unter dem Podium: als sie merkte, dass der Måla Richard das „Vuaglbeerbaam-Lied“ mit singt, schnappte sie sich auch ihn und gemeinsam wurde der Zusammenhalt der Deutschen bekräftigt. Der letzte Programmpunkt war der Auftritt der Egerländer Volkstanzgruppe „Die Målas“ aus Plachtin bei Netschetin, unter der Führung vom Måla Richard Šulko. Nach zwei Volkstänzen „Sternpolka“ und „Howansook“ blieb die Tanzgruppe auf dem Podium und bildete ein schönes Podiumsbild mit den Egerländer Trachten. Da Måla Richard sang dann das Abschlusslied „Kein schöner Land“ vor und alle Zuschauer sangen dann mit. Am Abend konnten dann noch die Gäste ein gemütliches Zusammensein erleben und bei Musik und Gesang vom Prager Hradschiner und dem Orchester Josef Kocurek´s das Tanzbein schwingen.
Nationalmuseum
Am nächsten Tag sollten die Kinder der Volkstanzgruppe „Die Målas“ auch etwas zur Belohnung bekommen und deswegen führte der Weg ins neu renovierte Nationalmuseum am Prager Wenzelsplatz. Die wohl interessanteste Exposition war „Das Wunder der Evolution.“ Das konnte man an den freudigen Gesichtern von Hunderten von Kindern sehen, die mit Erstaunen die Tausende von Exponaten bewunderten. Bei der Rückreise hielte die Gruppe noch auf der Autobahn Richtung Pilsen, wo sie beim Mittagessen noch eine Auswertung des Wochenendes machte: „Ich denke, dass wir die Egerländer im Egerland und damit die verbliebenen Deutschen sehr würdig an diesem Wochenende vertreten haben“, so der Leiter der Gruppe, Måla Richard Šulko.