Aus der Sendung "Nachbarn" des Tschechischen Rundfunks für die deutsche Minderheit in Tschechien:
Liebe Hörerinnen, liebe Hörer!
Mit dem Coronavirus ist eine Zeit gekommen, die das Leben von uns allen total verändert. Nichts ist mehr sicher, alles ist in Bewegung und jeder Tag bringt neue Herausforderungen. Vor allem für die älteren Menschen - nicht nur aus den Reihen der deutschen Minderheit - eine schwierige Zeit.
Auch die Sendung „Nachbarn“ ist davon betroffen: zwei geplante Interviews mussten wegen des Virus abgesagt werden und weil das Wort dieser Zeit „Homeoffice“ ist, machte ich mir selbst in meinen Hausbüro Gedanken, wie ich diese schwierige Zeit meistern könnte: Ich griff zum Interview mit mir selbst, einer Besonderheit, so wie diese heutigen Zeiten:
Lieber Richard, wie geht es dir?
Mir geht’s sehr gut: ich lebe auf dem Land und genieße die ruhige Zeit. In den letzten zwei Wochen, wo ich nirgendwo hinfahren konnte, schaffte ich so viel Arbeit aus meinen „Restbeständen“, wie in meinem ganzen Leben nicht. Wenn ich in die Stadt Einkaufen fahren muss, kommen Mundschutz, Brille und Handschuhen dazu, aber die zwei Stunden kann man wohl aushalten? Als Selbstständiger ist man gewohnt sehr viel zu arbeiten und eine solche „Kleinigkeit“, wie ein Virus, kann mich nicht umbringen. Der Gerechtigkeit halber muss ich aber zugeben, dass ich von zuhause meine Arbeit doch irgendwie machen kann.
Richard, du bist ja auch ehrenamtlich für die deutsche Minderheit tätig. Was machst du so?
Ich rief in Netschetin im Jahre 1991 eine Ortsgruppe der „Organisation der Deutschen in Westböhmen“ ins Leben, die dann unter dem Namen „Preitenstein“ im „Bund der Deutschen-Landschaft Egerland“ tätig war. Ich selber führte diesen Verein in Eger 18 Jahre an. Im Jahre 2015 machte ich aus praktischen Gründen diese Ortsgruppe zu einem selbstständigen Verein, der sich „Bund der Deutschen in Böhmen, e.V.“ nennt und an die Arbeit des gleichnamigen Vereines aus dem Jahre 1896 anschließt.
Was planst du für dieses Jahr?
Pläne sind schön, aber man weiß nicht, was morgen passiert. Gerade heute musste ich das Bildungsseminar in Elbogen im April absagen, aus der Tanzprobe unserer Volkstanzgruppe und aus Ostern wird anscheinend auch nichts. Ob die 27. Jugendbegegnung in Tepl stattfinden wird, werden wir noch sehen. Der Sudetendeutsche Tag in Regensburg ist auch abgesagt worden, mal sehen, wie sich die Lage entwickeln wird. Ich hoffe, dass die für Juni geplante Autorenlesung stattfinden kann.
Worauf freust du dich?
In diesem Jahr gibt der „Bund der Deutschen in Böhmen“ ein „Mediabook“ heraus: auf 56 Seiten werden Gedichte und Texte in Egerländer Mundart und in Deutsch zu lesen sein und in diesem Büchlein findet man auch eine CD mit Egerländer Liedern, die ich singen werde und mein Sohn begleitet mich auf der Zither. Die Aufnahmen werden unter Mitwirkung von Andrea und Gerhard Ehrlich gemacht. Darauf freue ich mich ganz besonders!
Was willst du noch den Zuhörern sagen?
Das Motto der Pilsner Diözese für dieses Jahr lautet: „Fürchtet euch nicht! Ich habe die Welt besiegt“ (Joh. 6,20; 16,33). Das ist ein Motto, welches gerade in diese schwierige Zeit passt. Wenn man die Hilfsbereitschaft so vieler Menschen sieht, bin ich guter Hoffnung, dass es nach der Krise zwischenmenschlich besser wird.
Liebe Hörerinnen und Hörer,
ich wünsche ihnen und uns allen eine virenfreie Zeit und eine baldige Rückkehr des normalen Lebens!
Ihr Richard Šulko