Bildungsseminar im Stift
Bund der Deutschen in Böhmen bildete aus: 23.- 25. Augst 2019
Um die Bildungslücken in Sachen Deutsche in Tschechien zu schließen organisierte der Bund der Deutschen in Böhmen ein Bildungsseminar im Prämonstratenser Stift Tepl bei Marienbad. Dank der Unterstützung vom BMI kamen 20 meist junge Menschen auch mit ihren Kindern. Vorträge, Museumsbesuche und freundliches Zusammensein brachte wieder etwas Neues in die Vereinsarbeit.
Der Vorsitzende des Bundes, Richard Šulko begrüßte offiziell am Samstagmorgen die Teilnehmer und informierte über den Tagesverlauf. Den ersten Vortrag hielte Jiří Schierl, Vorsitzender des Vereines „Unter dem Dach“, welcher sich schon mehr als zehn Jahre um die Wallfahrtskirche in Maria Stock kümmert. Schierl erzählte zuerst kurz über die Geschichte von Maria Stock und dann umfangreicher über die Aktivitäten des Vereines in und um Maria Stock. „Die erste große Kulturaktion war das Lichtfestival im Jahre 2007“, erzählte Schierl, was damals mit der Jungen Aktion und der Gruppe Rytmika aus Mährisch Schönberg durchgeführt wurde. Die Belebung des Wallfahrtsortes wurde mit dem Projekt „Lebendiges Maria Stock“ gewährleistet. Mit tausenden ehrenamtlichen Arbeitsstunden wird die Wartung der Kirche und die gesamte Säuberung des erloschenen Dorfes gesichert. Die geistliche Seite sichert P. Vladimír Slámečka aus Prag, dem die Kirche ans Herz gewachsen ist. Ergänzend zu der Kirche entstand ein inzwischen sehr beliebter Pilgerweg, welcher vom Stift Tepl bis nach Maria Stock führt. Drei Tage und 67 Kilometer pilgern krönen diese Aktivitäten.
Deutsche nach 1918
Einen zweistündigen Vortrag hielte Martin Krsek vom Stadtmuseum Aussig a.d. Elbe. Seine Urgroßmutter war auch eine Deutsche. Er sieht dieses Thema also aus der Sicht der deutschen Minderheit. Zehn Prozent Deutschen heirateten in den 30er Jahren eine tsch. Frau, 20% Tschechen wiederum eine deutsche. Über den Konrad Heinlein erfuhren die Teilnehmer auch etwas Interessantes: seine Mutter war aus einer Mischehe (geb. Dvořáčková). Laut Krsek gab es ab dem 19. Jahrhundert eine Nationalitätenwelle, seit dem Krieg mit dem Napoleon. Nationalistische Bewegungen kann man heute leider wieder sehen. Viel Zeit widmete Krsek dem 4. März 1919 in Kaaden. Die gezielte Kolonisierung in den 20er Jahren führte dazu, dass es im Sudetengebiet nur 6 Dörfern mit tsch. Kolonisatoren gab. Ab 1926 gab es sog. Deutsche Aktivisten: deutsche Politiker in der tschechoslowakischen Regierung. Im Jahre 1930 gab es z.B. 40% Arbeitslose in Graslitz. In dieser Wirtschaftskrise entstand die Sudetendeutsche Heimatfront mit Konrad Henlein. Und dann die Sudetendeutsche Partei. Zuerst Loyal gegenüber der Tschechoslowakei, dann Radikalisierung. Zusammenführung aller Gruppierungen in den Deutschböhmen in eine Sudetendeutsche Identität und Bildung der Sudetendeutschen Partei (SdP). In 1938 kamen die Forderungen der SdP, die für die tschechoslowakische Regierung nicht akzeptabel war. Krsek erwähnte noch den Lord Runciman, welcher für die Alliierten den Bericht in der Sudetenkrise vorbereitete.
Nackte Dame im Moor
Zu den „Pflichtterminen“ bei einem Egerländer Bildungsseminar gehört ein Museumsbesuch mit Egerländer Thematik. Das „Hauptmuseum“ aller Egerländer ist das in Marktredwitz, nicht weit von der Grenze entfernt. Also führte der Weg nach dem Mittagessen am Samstagnachmittag dorthin. Vor allem für Martin Krsek war das wohl eine interessante Inspiration. Neben dem Stand mit den rotierenden Trachtenpuppen war vor allem für die Kinder das Schönste wohl der Besuch des Egerland-Brunnens von Hatto Zeidler. Die Bronzefiguren, die schon eine schöne Patina haben, stellen den Egerländer Hochzeitszug dar. Das spritzende Wasser ist an einem heißen Nachmittag immer eine erfrischende Gelegenheit. Von Marktredwitz ging es nach Marienbad, ins Stadtmuseum. Dort kann man schon seit zwei Jahren eine Egerländer Bauernstube bewundern. Viele Ausstellungsgegenstände kommen aus dem ehemaligen „Café Egerländer“, vieles auch von Tomas Leicht aus Elbogen. Gleich neben der Stube ist ein Raum dem Kurwesen in Marienbad gewidmet. Neben den Pflichtexemplaren, wie Eisen zum Oblaten-backen und Trinkbecher, war das interessanteste für die Männer die Darstellung eines Moorbades, in dem eine sehr gut aussehende Dame zu finden war. So etwas kann man im normalen Kurbetrieb nicht sehen, wenn man kein Angestellter bei dieser Anwendung ist. Abenteuerlich durch die Wälder um Marienbad und Sangerberg (Prameny) gefahren, kamen alle Seminarteilnehmer wieder gesund nach Tepl zurück. Nach dem Abendessen spielte der bewährte Karel Švec aus Neurohlau (Nová Role) b. Karlsbad deutsche und tschechische Schlager für die Teilnehmer. Der Sonntag gehörte nur der Auswertung, dem Besuch der Hl. Messe im Stift und dem Mittagessen, nach dem alle wieder Richtung Heimat fuhren.
Måla Richard Šulko