Wie riecht ein Stein?
(26. Jugendbegegnung in Tepl 30.5. - 2. 6. 2019)
Der Bund der Deutschen in Böhmen lud zu dem bei den Kindern beliebtesten Projekt ein: die 26. Jugendbegegnung im Stift Tepl. Bis 25 Teilnehmer aus Tschechien, Bayern und Baden Württemberg pflegten nach Christi-Himmelfahrt wieder den alten Klosterfriedhof: mit Gras mähen, rechen, Grabsteine aufstellen und Deutsch üben erlebten die arbeitsamen Egerländer bei sehr schönem Wetter tolle Stunden miteinander. Der Vorsitzende Måla Richard (Šulko) lud ein und berichtet:
Diese Tradition fing die Egerland –Jugend im Jahre 1991 an. Damals hieß es ein Zeichen setzen: die jungen Nachkommen der vertriebenen Egerländer, unter der Führung von Bernhard Glaßl, fanden den alten Klosterfriedhof im Stift Tepl: von dort ging die Ausbildung in ganz Westböhmen aus. Schon ein Jahr später kamen die verbliebenen Egerländer aus Netschetin dazu und blieben treu bis heute. Der erste Teilnehmer kam schon am Vormittag des Feiertages am Donnerstag: Alexander Stegmaier, Bundesjugendführer der Egerland-Jugend. Später kamen dazu: die Vorsitzende des Vereines der Deutschen in Böhmen, Region Pilsen, e. V., Frau Terezie Jindřichová, der Vorsitzende des Vereins unter dem Dach, Herr Jiří Schierl und die Gmoivüastäihare der Egerländer Gmoi z Nürnberg, Ingrid Deistler, die mit ihrem Sohn Gerald ankam.
52 Grabsteine aufgerichtet
Die fünf Motorsensen fraßen sich in die Grashalme und nach 14 Stunden war der Friedhof gemäht. „Heute machen wir einen Rekord in Grabsteinaufstellung“, meinte Jan Baumruk aus Pilsen. Der Bobcat von einer Baumfirma in Tepl kam am Freitag rechtzeitig an und deswegen konnte die Herausforderung beginnen: die ganz großen zuerst und die kleinen nur mit eigener Kraft, nachdem die Maschine weg musste. Kurz vor dem Abgang zum Abendessen am Freitag meldeten die „Grabsteinaufrichter“ Jan Baumruk und Vojtěch Šulko: „Wir haben 52 Grabsteine wieder aufgestellt“! Dank Zuwendung seitens des BMI konnte man den fleißigen Händen auch eine entsprechende Verpflegung anbieten: Schweinebraten mit Sauerkraut und Knödeln gaben am Freitagabend Kraft.
Ausstellung im Kloster
Nachdem Alex seine Motorsense auskühlen ließ, widmete er sich seinem Hobby: Grabsteinplatten zusammenkleben. Nach dem er weniger fand, als er hoffte, fing er an ein Loch in der Friedhofsmauer zu reparieren: einen Stein nach dem anderen in die Hände nehmen und zu versuchen ihn dort anzubringen, wo er mal war: das ist eine wahre Herausforderung, weil das im Unterschied zu einer Glasplatte eine 3D Aufgabe ist. Mit viel Liebe drehte der Alex die einzelnen Bruchteile in der Hand und drehte sie hin und her, hin und her, bis er die richtige Stelle fand. Manchmal half ihm dabei auch seine Nase, die er liebevoll an das Material andrückte. Was kann man wohl in diesem Augenblick riechen? Geruch der Erde, die von den Ahnen zum ertragreichen Feld umgewandelt wurde, Geruch der Pflanzen, die als stumme Zeugen liebevoll die Ruhestätte decken oder ein Geruch der Überreste der Lebewesen, die, wie die Verstorbenen, ein Teil von diesem Gottesacker wurden? Als ein kleines Dankeschön für die Mühe besuchten die Teilnehmer die Klosteranlage, denn die meisten waren noch nicht dort gewesen. Auch eine Ausstellung mit dem Namen „Zeugen der Menschlichkeit“ über die Sudetendeutsche Christen, die sich den Nationalsozialisten entgegenstellten, konnte vor dem Mittagessen besichtigt werde. Das Jahr 2019 bedeutete für diese Maßnahme eine Rekordzahl, was für die Zukunft ein gutes Zeichen ist!
Måla Richard (Šulko)