Ostern in Netschetin 2019
Osterzeit ist bei den Egerländern nicht nur mit Kirchenbesuch verbunden, sondern auch mit vielen anderen Bräuchen. Einer der schönsten Bräuche ist das “Ratschngehen“. Früher sind die Jungs auf den Dörfern von Gründonnerstag bis Karsamstag mehrmals am Tag mit ihren „Klåpparkastan“, „Schnorran“ und Rumplkastan“ herumgezogen und ersetzten das Glockengeläut. Am Samstag wurden dann die Gaben dafür gesammelt. Die folgenden Zeilen berichten über die Osterzeit heute im östlichen Egerland, in Netschetin/ Nečtiny und wie der Bund der Deutschen in Böhmen die Traditionen der deutschen Vorfahren hochhält.
Im Jahre 2019 leben die Menschen von ihren Familien fern und in der ganzen Welt zerstreut. Sehr oft müssen die Menschen auch am Karsamstag oder Ostersonntag zur Arbeit gehen, denn die Automobilindustrie läuft 24 Stunden jeden Tag. Dank der Tatsache, dass die tschechische Christliche Partei wenigstens den Karfreitag als Feiertag durchsetzte, konnten sich auch an dem Tag die „Ratschnboum“ auf den Weg machen. Der Start ist immer beim „Potina“. Nach dem Spruch:
„Klåppa, klåppa oins, döi Henna kröigt a kloins.
Klåppa, klåppa zwoa, döi Henna liegt a Oa(r.
Klåppa, klåppa drei, i(ch gröigt a brav´s Wei(b.
Klåppa, klåppa vöiara, wenn´s uns recht v(ü)l gibt´s, is uns tausendmål löiwa(r“!
Bei dem „geratscht“ wird, bekommen die Kinder Schokolade oder Eier, die großen aber ein „Stamperl“. Es wird weiter zu den Bekannten und Mitgliedern gezogen: Familie Šojsl, Bubaneč, Gasthaus „Am Rathaus“, Museum und Familie Kapr. Damit ist Netschetin „abgedeckt“ und nun wird am „Lager“ hochgeklettert, zu dem alten Waldweg von Preitenstein nach Netschetin.
Erste Engel des Herrn
Nach der Ankunft an der Kapelle „Im ZOO“ beteten die Wanderer den ersten „Engel des Herrn“ und die erste Verschnaufpause folgte. Am „Wawateich“ kann man sich entscheiden, ob man rechts zum „Grünen Kreuz“ geht, oder direkt bergauf nach Deutsch Neustadl/Nové Městečko. Die Mehrheit wählte den sehr steilen Weg. Bei der dortigen Kapelle kam der zweite „Engel des Herrn“. Das Hochklettern vom „Wawateich“ nach Dt. Neustadl reichte aber den Kindern nicht aus: „Wir müssen auf die Burg“ sagte der Richard V. Proteste der Älteren halfen nichts und deswegen wurde auf die Burgruine Preitenstein hochgeklettert. Schöne Aussicht auf das Schloss und die langsam grüngewordene Natur war für die Pilger ein kleiner Lohn für die Mühe. Das Kaiserwetter und die Wärme machten aus diesem kleinen „Kreuzweg“ einen schönen Wandertag durch unsere Heimat.
Wenn Osterruten geflochten werden
Nach mehreren weiteren Besuchen und Gebeten erreichten die „Ratschnboum“ nach mehr als vier Stunden Plachtin. Eine richtige Stärkung beim Mittagessen konnten die Pilger aber nicht erwarten: es war Karfreitag und Fleischverbot. „Platzkan“ mit Quark gaben weniger Kraft, aber Hauptsache wir kamen gesund an unserem Reiseziel an. Auch die Kinder bekamen für ihre Mühe Geld und viele Süßigkeiten. Am Abend führte dann der Weg in die St. Johannes d. Täufer-Kirche in Manetin. Samstagvormittag wird ein wenig gearbeitet und dann hieß es „Weide suchen“. Leider verloren die zwei schönsten Weidenbäume im Dorf vor zwei Wochen ihre Zweige, weil sie jemand abschnitt. Sie lagen aber Gott sei Dank noch bei den Stämmen. Wenn man vier Enkelkinder hat, muss man eben fünf Osterruten flechten, dazu braucht man 40 Weidenzweige und dazu noch etwa fünf dickere, um den Griff zu machen. Kurz vor Mittag war alles fertig: der Ostermontag kann kommen! Die Vigil am Abend feierten die Christen auch in Manetin, wo zentral an die Auferstehung Christi gedacht wurde.
Egerländer in der Netschetiner Kirche
Das Fest der Auferstehung Christi wurde in der Netschetiner St. Jakobus-Kirche gefeiert. Die Hl. Messe zelebrierte P. Petr Dombek, OMI. Beide Ministranten waren Egerländer. Der „Weihrauchspezialist“ war Vorsitzender vom Bund der Deutschen in Böhmen, Måla Richard, in Tracht. Nach der Messe bedankte sich P. Dombek für die schöne Athmosphäre, welche der Weihrauch und die Nachmittagssonne ausmachten. Die Besucherzahl war auch schön, etwa 30 Gläubige kamen zu dem größten Fest der Christen. Nach der Messe folgte ein Familientreffen, welches am nächsten Tag fortgeführt wurde. Davor musste man aber mit der Osterrute den Umgang machen. Freunde wurden besucht, ein Bierchen oder ein „Stamperl“ getrunken. Man musste aber aufpassen, denn am frühen Nachmittag ging es noch zum Gottesdienst in die Wirschiner St. Bartholomäus-Kirche. Die Osterzeit 2019 war wieder eine sehr schöne Zeit, mit viel Sonnenschein und voll gepumptem Programm.
Måla Richard (Šulko)