Mundarttagung 2017 in Bad Kissingen

Der „Freundeskreis Sudetendeutscher Mundarten“ lud vom  3. - 5. 3. 2017 zur 40. Mundarttagung nach Bad Kissingen auf den Heiligenhof ein. Neben „Hausaufgaben“, die die Mitwirkenden  ausgearbeitet hatten, standen weiter wissenschaftliche Vorträge, Autorenlesungen und musikalische Darbietungen auf dem Programm.


Entlausung am Freitag…..

Zum Beginn begrüßte Steffen Hörtler, Stiftungsdirektor der Stiftung „Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk“ die Anwesenden. Ingrid Deistler, die Vorsitzende des Freundeskreises, eröffnete die Tagung.. Dr. Zuzanna Finger, die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, informierte in ihrem Grußwort darüber, dass dieses Projekt aus den Mitteln des „Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration“ gefördert wurde.

Die Teilnehmer sollten für diese Begegnung zwei Hausaufgaben vorbereiten: in der ersten wurden in Mundart die Erlebnisse aus dem ersten Jahr nach der Vertreibung dargestellt, in der zweiten sollteeine Kurzgeschichte in die jeweilige Mundart übersetzt werden.

In etwa fünfzehn Schicksalen stellten die Mundartsprecher ihre Erlebnisse nach dem Kriegsende dar. Für mich, Jahrgang 1960, waren das sehr tief ins Herz gehende Worte, die ich an diesem Freitag hörte. Jedes Schicksal war anders; eins aber hatten sie sehr oft gemeinsam: Nach der Ankunft in der „neuen Heimat“ wurde jeder entlaust! Auch der Hunger verfolgte alle, die ihre Heimat verlassen mussten.

 

Vorträge, Musik  und zweite Hausaufgabe am Samstag….

Der Samstag begann mit dem Morgensingen. Ingrid Deistler begleitete die inzwischen wachgewordenen Teilnehmer mit ihrer Gitarre. Mit den lockeren Stimmbändern waren dann die Beteiligten für den ersten Vortrag vorbereitet:

„Nuschefickel & Gabse, Slawismen in den Sudetendeutschen Mundarten“, der von Dr.  Horst Kühnel, dem Ehrenvorsitzenden und Gründer des Freundeskreises, vorgetragen wurde. Slawismen kommen speziell bei Pilzen deswegen sehr oft vor, weil die Tschechen beste Kenntnisse über Pilze haben, berichtete er. Es gibt z.B. 48 verschiedene Bezeichnungen für den Pfifferling. Die Bezeichnung „Füchslein“ entstand laut Kühnel durch die Übersetzung dertschechischen Bezeichnung Liška“für den Pfifferling. Bei einer Adventsgeschichte musste ich selber einmal lange nachdenken, wie man zu Fichtenzapfen auf Egerländrisch sagt: es sind „Koustan“! Das Wort „Baba“ oder Wawa  für die Großmutter bzw.  alte Frau in der Mundart, stammt möglicherweise von tschechischem Dienstpersonal, welches in den deutschen Siedlungsgebieten Böhmens eingestellt war.

 PhDr. Mojmír Muzikant CSc., Universität Brünn sprach über  „Die zweite Lautverschiebung in den deutschen Mundarten in Tschechien“, der zweite Vortrag am Samstagvormittag. .  Sehr interessant war die Erklärung, wie man z.B. in Iglau zum Apfel sagte. Nach Iglau kamen im 14. Jahrhundert aus Sachsen Tuchmacher und brachten den „Appel“ mit, später tauchte wieder „Apfel“ auf.  Der letzte Vortrag vor dem Mittagessen kam von Dr. Armin Bachmann von der Regensburger Universität: „Deutsche Mundarten im Oberpfälzer Wald beiderseits der Grenze“.

 

Nach dem Mittagessen ging es zuerst zu dem „Kneip-Brunnen“ hinter dem Hauptgebäude, wo die Teilnehmer gemeinsam mit den Frauen vom „Bund der Vertriebenen“ der Opfer des 4. März 1919 gedachten.  Mit „Grieben“ ging es in der Mundart weiter. Dr. Richard Rothenhagen und Mgr. Marek Halo von der Universität Brünn präsentieren den Vortrag „Erste Untersuchungsergebnisse zum Thema ´Der Mensch und sein Umfeld´ in den deutschen Mundarten Böhmens, Mährens und Schlesiens“. Ich persönlich musste lange überlegen, ob wir für die Ohrfeige „Watsche“ oder „Schelle“ benutzt haben. Auch beim Wort „weinen“, ist mir sofort „greinen“ eigefallen, aber ich selber kenne auch „brüllen“. Ich denke, dass wir das „brüllen“ mehr als „anbrüllen“ benutzt haben. Beim „Purzelbaum“ stellte ich fest, dass ich das Wort überhaupt nicht gekannt habe. Das liegt scheinbar daran, dass ich es nur aus der tschechischen Schule in Tschechisch als „kotrmelec“ kenne. Bei den Erklärungen war mir aber der „Kopfsturz“ bekannt.  

Nach der Kaffeepause wurde die zweite Hausaufgabe vorgestellt.Nacheinander  kamen die einzelnen Mundartsprecher aus dem Egerland, dem Braunauer Ländchen, aus dem böhmischen Mittelgebirge, aus Nordböhmen, dem Altvatergebirge, dem Adlergebirge, dem Isergebirge, dem Böhmerwald, aus Nordmären, Südmähren, dem Kuhländchen, aus Franken und  Siebenbürgen an die Reihe und bereiteten den Zuhörern viel Freude. Es war hoch interessant zu hören, wie die Kurzgeschichte über den Nordwind und die Sonne in den einzelnen Mundarten klang.

Nach dem Abendessen kamen die „Bamberger Gmoimusikanten“ um die Teilnehmer nicht nur mit mundartlichen Volksliedern zu erfreuen. Dazwischen weckte eine „Mundartreise durchs Sudetenland“ mit Mundartaufzeichnungen von der CD der Anthologie „Auswärts“ schöne, alte Erinnerungen an vergangene Mundarttagungen und ihre Teilnehmer.

 

Zusammenfassung und Vorausschau am Sonntag……


Als erster berichtete Franz Hanika über die Neuigkeiten aus der Friedlandstube. Das Archiv ist sehr umfangreich und schon Einiges ist digitalisiert. Fasst vierzehn Tausend Objekte sind erfasst. Alfred Scholz aus Hagen hat mit 91 Jahren dafür tausende Seiten übersetzt und umgeschrieben.

Måla Richard (Šulko) präsentierte ein Video aus dem zweiten Teil des Projektes „MundArt“, welches die „Landesversammlung der deutschen Verbände in der Tschechischen Republik“ gemeinsam mit dem „IFA“ (Institut für Auslandsbeziehungen) im Jahre 2016 schuf.

Dr. Zuzanna Finger berichtete über den kommenden Sudetendeutschen Tag und die Organisation der Mundartlesungen. Des Weiteren wurden Themen für die nächste Mundarttagung 2. -4. 3. 2018 in Bad Kissingen behandelt. Nach einer kleinen Runde mit Mundartbeiträgen verabschiedete sich Alois Galle mit einem Lied und Christa Miksch mit einem Gedicht von den Anwesenden und das Lied  „Kein schöner Land“ schloss die Tagung.

 

Måla Richard (Šulko)